Was ist Autismus?
Autismus ist eine komplexe Entwicklungsstörung mit einem weiten Spektrum, die in den ersten drei Lebensjahren auftritt. Oftmals wird sie allerdings erst viel später diagnostiziert, im Durchschnitt mit 5 ½ Jahren. Autismus hat in Bezug auf soziale und kommunikative Fähigkeiten Auswirkungen auf das Gehirn.
Anzeichen für Autismus
Gemäß dem Klassifikationssystems ICD-10 (International Classification of Diseases, WHO, 1992) gehören milde bis schwere Beeinträchtigungen in sozialen Interaktionen und in der verbalen und non-verbalen Kommunikation, aber auch Wahrnehmungsstörungen, sowie eingeschränkte und sich wiederholende Verhaltensmuster zu Anzeichen des autistischen Spektrums.
- Veränderte sensorische Wahrnehmung
- Entwicklung von Ritualen und Stereotypien
- Störung der gesamten Kommunikation
- Störung im sozialen Verhalten und im sozialen Verständnis
- Störung im Spielverhalten und in der gelenkten Aufmerksamkeit
Die Erscheinungsbilder des autistischen Spektrums sind sehr unterschiedlich. Manche Personen erleben autistische Symptome als weniger einschränkend und andere als stärker einschränkend, woraus sich wiederum ein höherer Unterstützungsbedarf ergeben kann.
Die Diagnose Autismus gibt es seit…
1943 wurde Autismus zum ersten Mal von Dr. Leo Kanner vom John Hopkins Hospital erkannt. Gleichzeitig hat der deutsche Wissenschaftler Dr. Hans Asperger eine mildere Form des autistischen Zustandes beschrieben, heute als Asperger Syndrom bekannt. Unter die Diagnose „Autistisches Spektrum“ fallen u. a.:
- Die Symptome des autistischen Spektrums reichen von sehr mild bis sehr schwer
- Frühkindlicher Autismus, Asperger Syndrom
- Rett Syndrom
- PDD NOS (pervasive Entwicklungsstörung, ohne nähere Spezifizierung)
In der aktuellen Diagnostik gibt es den Überbegriff von Autismus Spektrum Störung (ASS), indem alle bisherigen Diagnosen von Autismus eingeschlossen sind.
Wie viele autistische Menschen gibt es?
Jeder autistische Mensch ist anders und so auch das Erscheinungsbild „seines“ Autismus. Ein ständig ansteigender Prozentsatz der Bevölkerung ist davon betroffen (1 von 59, nach Einschätzungen des CDC’s Autism and Developmental Disabilities Monitoring (ADDM) Network, Surveillance Summaries / April 27, 2018 / 67(6); 1–23).
Die genaue Zahl der Kinder mit Autismus ist nicht bekannt. Ein Bericht des US Centers für Krankheitsbekämpfung und Prävention zeigt auf, dass Autismus und verwandte Einschränkungen häufiger vorkommen als zuvor vermutet wurde. Es ist unklar, ob dies auf eine steigende Rate von Autismus oder eine erhöhte Fähigkeit Autismus zu diagnostizieren, zurückzuführen ist.
Autismus ist schwer zu diagnostizieren
Anders als andere Einschränkungen und Erkrankungen, sind die Symptome von Autismus normalerweise bei der Geburt nicht zu erkennen. Die autistischen Anzeichen werden in der Regel in den ersten drei Lebensjahren deutlich. Es gibt momentan keinen Blut- oder DNA-Test, um Autismus zu diagnostizieren.
Autismus ist eine Serie von Symptomen. Nach diesen wird vom Arzt meistens erst dann geschaut, wenn bestimmte Entwicklungsverzögerungen und Einschränkungen nicht anderweitig erklärt werden können.
Symptome für Autismus
Kinder mit Autismus haben in der Regel Schwierigkeiten in der verbalen und non-verbalen Kommunikation, in der sozialen Interaktion und im Fantasiespiel. Manche zeigen auch Aggressionen gegenüber anderen Personen oder sich selbst.
Personen mit Autismus können sich wiederholende Körperbewegungen, ungewöhnliche Vorlieben zu Gegenständen und auffällige Schwierigkeiten bei Wechsel von Routinen aufzeigen. Manche Personen mit Autismus reagieren empfindlich im Bereich der Sinne (Sicht, Hören, Berührung /Fühlen, Geruch und Geschmack). Zum Beispiel weigern sich manche Kinder “kratzige” Kleidung zu tragen und werden sehr gestresst, wenn sie doch dazu gezwungen werden, da ihre Haut so empfindlich ist.
Einige Kombinationen der folgenden Charakteristiken können in verschiedenen Ausmaßen bei Menschen mit Autismus vorkommen.
Kommunikation
- Fehlendes Zeigen, um die Aufmerksamkeit anderer auf Gegenstände zu lenken (um den 14. Lebensmonat)
- Richtet den Blick nicht auf die Dinge, die andere sich anschauen
- Ist nicht in der Lage, ein Gespräch zu beginnen oder aufrecht zu erhalten
- Langsame oder keine Sprachentwicklung
- Wiederholen von Wörtern oder auswendig gelernten Sätze, zum Beispiel aus Werbung oder Filmen
- Spricht über sich nicht in der ersten Person (sagt zum Beispiel “Du möchtest Wasser”, wenn es “Ich möchte Wasser” meint)
- Nutzt Reime, die für andere Personen nicht nachvollziehbar sind oder nicht im Kontext stehen
- Kommuniziert mit Gestik statt mit verbaler Sprache.
Reaktion auf sensorische Information
- Hat eine erhöhte oder geringe Wahrnehmung in Sicht, Hören, Berührung, Fühlen, Geruch oder Geschmack
- Scheint erhöhtes oder geringes Schmerzempfinden zu haben
- Entzieht sich eventuell Körperkontakt, weil dieser als überstimulierend oder überfordernd empfunden wird
- Zuckt bei lauten Geräuschen nicht zusammen
- Könnte Alltagsgeräusche als schmerzhaft empfinden und sich mit den Händen die Ohren zuhalten
- Reibt Oberflächen, nimmt Gegenstände in den Mund oder leckt sie ab
- Zeigt wenig oder kein Fantasiespiel
- Imitiert die Tätigkeiten und Bewegungen anderer Personen nicht
Zieht es vor, allein oder ritualisiert zu spielen
Soziale Interaktion
- Es scheint an Mitgefühl zu mangeln
- Das Schließen von Freundschaften bleibt aus oder scheint erschwert zu sein
- Scheint verschlossen
- Zieht sich zurück und scheint das Alleinsein vorzuziehen
- Reagiert eventuell nicht auf Blickkontakt oder Lächeln
- Vermeidet Blickkontakt
- Behandelt andere als wären sie Gegenstände
- Spielt keine interaktiven Spiele
Verhalten
- Hat eine kurze Aufmerksamkeitsspanne
- Setzt sich wiederholende Körperbewegungen ein
- Zeigt ein starkes Bedürfnis für Routinen
- Hat sehr heftige Trotzanfälle
- Hat sehr eingeschränkte Interessen
- Krankhaftes Verweilen bei ein und demselben Thema oder Denkinhalt (Perseveration)
- Hat sehr heftige emotionale Reaktionen und Zustände
- Ist aggressiv gegenüber sich selbst oder anderen Personen
Anzeichen und Tests
Alle Kinder sollten zu Routineentwicklungsuntersuchungen beim Kinderarzt vorgestellt werden. Weitere Untersuchungen könnten notwendig sein, wenn von Seiten der Eltern oder des Arztes Bedenken bestehen. Dies ist besonders wichtig, wenn das Kind irgendeine der folgenden Stufen in der Sprachentwicklung nicht erreicht hat:
Lautieren und Babbeln mit 12 Monaten
Gestik (Zeigen, Winken) mit 12 Monaten
Einzelne Wörter mit 16 Monaten
Spontane Zwei-Wort-Sätze mit 24 Monaten (nicht nur Wiederholen)
Verlust jeglicher Sprache oder sozialer Fähigkeit in jeder Altersstufe
Die Kinder sollten dann eventuell einen Hörtest, Bluttest (Bleivergiftung) und einen Test zur Abklärung von Autismus erhalten.
Die eigentliche Diagnose sollte von einem Arzt erfolgen, der Erfahrung in der Diagnose und Behandlung von Autismus hat. Weil es keinen biologischen Test für Autismus gibt, basiert die Diagnose oft auf sehr spezifischen Kriterien (festgelegt im ICD 10).
Autismus beinhaltet ein weites Spektrum von Symptomen. Daher kann eine einzelne, kurze Einschätzung die wahren Fähigkeiten des Kindes nicht vorhersehen. Im Idealfall sollte ein Team von verschiedenen Spezialisten das Kind evaluieren. Angeschaut werden sollten Sprache, Kommunikation, Denkfähigkeit, Motorische Fähigkeiten, Erfolg in Schule oder Kindergarten und andere Faktoren.
Manche sind widerstrebt, ein Kind mit Autismus zu diagnostizieren, da Bedenken bestehen, dem Kind einen Stempel aufzudrücken. Allerdings führt das Versäumnis, eine Diagnose zu stellen dazu, dass das Kind leider den nötigen Unterricht und die unterstützenden Leistungen nicht erhält.
Fragen zur Abklärung, ob eine diagnostische Abklärung sinnvoll sein könnte
Es gibt 5 Bereiche von frühkindlichen Verhaltensweisen, in denen bei Kindern mit Autismus Abweichungen zur Entwicklung nicht-autistischer Kinder festzustellen sind.
In jedem der 5 Bereiche werden Verhaltensweisen aufgezeigt. Wenn dieses Verhalten bei Ihrem Kind nicht festzustellen ist oder nur in sehr kleinen Ansätzen zu beobachten ist, ist das ein Grund zur diagnostischen Abklärung. Ziehen Sie dann eine Abklärung mit Ärzten und Kinder- und Jugendpsychiater in Betracht.
1. Reagiert das Kind auf seinen Namen, wenn es von seiner Bezugsperson gerufen wird?
Innerhalb der ersten Lebensmonate, reagieren Säuglinge auf ihren eigenen Namen, indem sie sich nach der Person orientieren, die sie gerufen hat. Typisch entwickelnde Säuglinge reagieren meistens auf die Stimme von bekannten Personen mit Blicken und auch mit einem Lächeln.
Im Gegensatz dazu reagieren Kleinkinder, die später mit Autismus diagnostiziert werden, meistens nicht auf ihren Namen. Auch auf Geräusche reagieren sie oft nur bedingt. Es kommt auch vor, dass sie manche Geräusche komplett ignorieren, aber auf andere sehr direkt reagieren. So kann es zum Beispiel sein, dass sie keine Reaktion zeigen, wenn sie von den Eltern bei Namen gerufen werden. Sie hören aber sofort, wenn das Fernsehgerät eingeschaltet wird. Es ist nicht unüblich, dass Eltern vermuten, dass ihr Kind schwerhörig oder gehörlos ist.
2. Teilt das Kleinkind die Aufmerksamkeit?
Gegen Ende des ersten Lebensjahres, beginnen die meisten Kleinkinder damit, dass sie dieselben Gegenstände oder Aktivitäten anschauen wie ihre Bezugsperson. Um eine gemeinsame Aufmerksamkeit mit der Bezugsperson herzustellen, beginnen typisch entwickelnde Kinder ihren Blick vom Spielzeug zur Person zu richten. Sie folgen dem Zeigen anderer mit dem Blick und beobachten die Blickrichtung anderer. Sie zeigen auf Dinge und Aktivitäten, um das Interesse zu teilen oder um anderen Spielzeug zu zeigen.
Dieses Verhalten hat eine bestimmte Qualität des sich Mitteilens. Zum Beispiel könnte das Kleinkind auf ein Flugzeug zeigen, das über seinen Kopf hinweg fliegt und dabei seine Mutter oder seinen Vater anschauen, als wollte es sagen: “Schau mal da!”
Im Gegensatz dazu haben Kleinkinder mit Autismus große Schwierigkeiten die Aufmerksamkeit mit anderen zu teilen. Sie richten ihren Blick nur selten auf das Zeigen anderer. Sie wechseln ihren Blick nicht oft von Gegenständen zu Personen. Und sie scheinen nicht wirklich anwesend sein, wenn die Bezugsperson Dinge, Personen oder Tätigkeiten beobachtet und darüber redet. In der Regel neigen sie auch nicht dazu, den Eltern ein Spielzeug zu zeigen.
3. Imitiert das Kind andere Personen?
Typisch entwickelnde Kleinkinder sind Nachahmer. Selbst Babys können Gesichtsbewegungen nachahmen (z.B. Zunge raus strecken oder den Mund öffnen). Schon im Alter von 8 bis 10 Monaten ahmen Mutter und Kleinkind die Laute und Bewegungen des anderen nach. Imitation spielt auch eine sehr große Rolle in bekannten Fingerspielen, wie z.B. „Backe, backe, Kuchen“ oder “Wie groß?” (“Wie groß ist …? Soooo groß!” während das Kind die Hände hoch streckt).
Kleinkinder mit Autismus imitieren andere Personen weniger oft. Sie demonstrieren weniger Nachahmungen mit dem Körper oder Gesicht (winken, Grimassen schneiden, Kleinkindspiele spielen) und imitieren auch weniger mit Gegenständen.
4. Reagiert das Kind gefühlsmäßig auf andere?
Typisch entwickelnde Kinder reagieren sozial auf andere. Sie lächeln, wenn sie angelächelt werden, sie initiieren auch Lächeln und lachen, wenn sie mit Spielzeug oder anderen spielen. Wenn typisch entwickelnde Kinder andere Kinder beobachten wie sie weinen, fangen sie eventuell selber an zu weinen oder schauen beunruhigt. Etwas ältere Kleinkinder krabbeln dann vielleicht in die Nähe der weinenden Person, streicheln oder versuchen, auf andere Art und Weise Trost zu bieten. Diese etwas später auftretenden Verhaltensweisen weisen auf Mitgefühl hin und können vor allem bei Kindern im zweiten Lebensjahr beobachtet werden.
Im Gegensatz dazu scheinen Kinder mit Autismus die Gefühle anderer nicht wahrzunehmen. Sie bemerken das Lächeln anderer nicht und schauen deshalb auch nicht hin. Sie können als Reaktion auf das Lächeln der anderen auch nicht zurück lächeln. Sie ignorieren eventuell die Traurigkeit anderer Personen.
Mehrere Wissenschaftler haben gezeigt, dass Kinder mit Autismus eher beunruhigt als mitfühlend sind, wenn sich ein anderer verletzt. Wenn zum Beispiel ein Erwachsener so tut als ob er sich das Knie angeschlagen hat, schauen kleine Kinder mit Autismus den Erwachsenen weniger an oder zeigen Beunruhigung im Gesichtsausdruck.
5. Spielt das Kind Fantasiespiele?
Jemand hat einmal gesagt: “Spielen ist die Arbeit der Kinder”. Kleinkinder lieben Rollenspiele, in denen sie so tun als seien sie eine Mutter, ein Vater, ein Baby, ein Feuerwehrmann oder ein Pferd. Obwohl die Kinder mit etwa 6 Monaten mit Spielzeug spielen, kommt es erst am Ende des ersten Lebensjahres zum Fantasiespiel. Diese Art zu spielen könnte zum Beispiel so anfangen, dass die Mutter oder eine Puppe gefüttert werden. Oder das Kind kämmt die Puppe oder bringt den Bären ins Bett. Um den zweiten Geburtstag herum, spielen Kinder imaginäre Spiele. Puppen nehmen dann menschliche Qualitäten wie Sprechen an oder es werden Haushaltsroutinen nachgespielt. Die Kinder stellen sich dann vielleicht vor, dass ein Schwamm ein Lebensmittel, ein Baustein ein Hut oder eine Plastikschüssel ein Schwimmbad mit Wasser ist.
Im Gegensatz dazu zeigt das Spielen der Kinder mit Autismus viele Defizite auf. Das Kleinkind ist vielleicht gar nicht an Gegenständen interessiert, richtet dafür das Interesse mehr auf die Bewegung der eigenen Hand oder auf ein Stück Schnur. Falls es doch am Spielzeug interessiert ist, sind es oft nur ganz bestimmte Spielsachen, die das Interesse wecken. Und diese werden in sich wiederholender Weise eingesetzt, was sich nicht mit der Art und Weise deckt, wie die meisten anderen Kinder mit dem Spielzeug spielen würden. Sie sind vielleicht mehr daran interessiert, ein Spielzeugauto umzudrehen und die Räder zu drehen, statt das Auto hin-und herzuschieben. Im Groß und Ganzen sind die Qualitäten des Fantasiespiels bei Kindern mit Autismus unter 2 Jahren völlig abwesend.
Blick
Das Vermeiden von Blickkontakt wird oft als Charakteristik für Kinder mit Autismus bezeichnet. Hierbei kommt es allerdings vor allem auf die Qualität des Blickes an. Viele Kinder scheinen Personen gar nicht zu sehen und schauen ihnen daher nicht in die Augen. Bei einem Säugling mit Autismus erfolgt das Schauen kurzzeitig und aus dem Augenwinkel.
Gehör
Besonderheiten des Hörens sind von großer Bedeutung, aber schwierig einzuordnen. Bei vielen Kindern mit Autismus wird zu Anfang vermutet, dass sie gehörlos sind. Nur bei wenigen besteht eine Gehörlosigkeit. Aber sie reagieren nicht auf ihren Namen und scheinen von geräuschvollen Veränderungen im Umfeld nicht beeinflusst zu sein. Kinder mit Autismus scheinen sogar sehr laute Geräusche, die die meisten anderen Kinder zusammenzucken lassen würden, zu ignorieren. Die Aufnahme und Verarbeitung auditiver Reize können bei autistischen Menschen anders sein. Diese Unterschiede können dazu führen, dass sie auf andere Personen gehörlos oder gar desinteressiert wirken. Die muss aber nicht der Fall sein und der Grund für ausbleibende Reaktionen sollte eher in Wahrnehmungs- und Verarbeitungsunterschieden gesehen werden.
Soziale Entwicklung und Spiel
Bei Säuglingen sind Spiel und soziale Interaktion so direkt miteinander verbunden, dass den Eltern gerade in dieser Entwicklungsstufe das seltsame Verhalten ihres Kindes auffällig vorkommt. Säuglinge mit Autismus zeigen oftmals kein Interesse an den Spielen, die soziale Interaktion mit den Eltern erfordern.
Das Fehlen dieser gemeinsamen Tätigkeit scheint sehr bedeutungsvoll zu sein. Die Studie von Frith und Soares zeigt, dass Aussagen von Eltern mit Kindern mit Autismus ein Fehlen gemeinsamer Interessen und Tätigkeiten innerhalb des ersten Lebensjahres aufzeigen. Die Kinder zeigen nicht auf Dinge, die sie interessieren, nehmen keinen aktiven Anteil an Fingerspielen und wollen keine Tätigkeiten gemeinsam ausführen.
Überweisung zu Spezialisten
Frühe Bedenken der Eltern in Bezug auf die Fortschritte in der Entwicklung des Säuglings sollten unbedingt beachtet werden. Wenn eine Mutter Befürchtungen über die sozialen und emotionalen Reaktionen, sowie die Fähigkeiten in der Wahrnehmung ausspricht, sollten Fachleute in Alarmbereitschaft in Bezug auf Autismus sein.
Angemessene Überweisungen zu Spezialisten für Kinder mit und ohne Entwicklungsstörungen könnten bedeuten, dass die Diagnose schneller als in der Vergangenheit gestellt werden kann. Während Säuglinge autistische Züge aufzeigen können, kann nur ein umfassendes diagnostisches Vorgehen aufdecken, ob sie Autismus haben oder Verhaltenseigenschaften anderer Schwierigkeiten aufweisen.
Eine professionelle Einschätzung ist notwendig
Dies wird am besten in einer Einheit für Kinderentwicklung abgeklärt. Mehrere Experten werden hierfür benötigt, denn eine gute Zusammenarbeit im Team erbringt bessere Ergebnisse zur akkuraten Diagnose. Die Einschätzung beinhaltet eine Übersicht der Familiengeschichte, Schwangerschaft, Verhalten des Kindes und Fortschritte in der Entwicklung. Eine körperliche Untersuchung ist notwendig, um versteckte medizinische Bedingungen zu erkennen, die zu Abweichungen oder Verzögerungen in der erwarteten Entwicklung beisteuern.
Die Entwicklungsuntersuchung schließt folgende Punkte mit ein:
- Fein- und Grobmotorik
- Sprache (Sprachverständnis, expressive Sprache und Lautproduktion)
- Sensorische Wahrnehmung
- Soziale und emotionale Entwicklung
- Spielen
Die Qualität der Entwicklung ist ein wichtiger Faktor der Einschätzung. Es ist zum Beispiel ein großer Unterschied, ob Fähigkeiten nur vorhanden sind, oder ob sie auch für soziales Verhalten eingesetzt werden. Ein Kind mit Autismus hat zwar vielleicht die Fähigkeit Worte zu wiederholen, aber noch kein Verständnis für deren Bedeutung. Oder ein Kleinkind mit Autismus kann auf Dinge zeigen, benutzt diese Fähigkeit aber nicht, um Aufmerksamkeit einer anderen Person darauf zu lenken.
Im Idealfall, sollten Kinder in ihrem alltäglichen Umfeld beobachtet werden, zum Beispiel zu Hause oder in der Kindertagesstätte.
Die Diagnose von Autismus wird wahrscheinlich nicht innerhalb nur eines Untersuchungstermins erfolgen, besonders nicht, wenn das Kind noch sehr klein ist.
Enge Überwachung der Entwicklung und regelmäßige Einschätzungen sind notwendig, um einen vollständigen Überblick zu bekommen. Aber unabhängig von einer endgültigen Diagnose von Autismus oder autistischem Spektrum, kann den Kindern und deren Eltern Hilfe angeboten werden. Säuglinge, bei denen der Verdacht auf eine Entwicklungsstörung (Autismus/autistisches Spektrum) besteht, können Dienstleistungen, auf die einzelnen Bedürfnisse zugeschnitten, erhalten. Eltern können angeleitet werden, wie sie ihr Kind in den jeweiligen Entwicklungsabschnitten unterstützen können.
Diagnose
Ein Kind wird mit Autismus diagnostiziert, wenn es verschiedene Verhaltensformen in drei Defizitbereichen aufzeigt. Diese drei Bereiche sind:
- Soziale Interaktion
- Kommunikation
- Verhalten/Interesse.
Defizite des autistischen Spektrums schließen folgendes mit ein:
- mangelnden Blickkontakt
- fehlender Beziehungsaufbau zu Gleichaltrigen
- Schwierigkeiten, sich in die Lage anderer zu versetzen
- fehlendes Fantasiespiel
Das Autistische Spektrum kann in der Regel im Alter von 3 Jahren verlässlich diagnostiziert werden. Inzwischen unterstützen die neuesten Forschungen die Diagnose von Autismus auch schon im Alter von 6 Monaten.
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Die Eltern sind die ersten, die das außergewöhnliche Verhalten ihres Kindes bemerken und im Vergleich zu anderen Kindern sehen, dass ihr Kind die üblichen Entwicklungsstufen nicht erreicht. Einige Eltern beschreiben, dass das Verhalten ihres Kindes von Geburt an anders schien. Während andere Eltern beschreiben, dass sich ihr Kind altergerecht entwickelt hat, dann aber Fähigkeiten verlor.
Kinderärzte übersehen oft die ersten Anzeichen von Autismus und raten den Eltern, abzuwarten, mit der Erklärung, dass das Kind ein Spätzünder sei. Neue Forschungen zeigen, dass sich die ersten Vermutungen der Eltern, dass an dem Verhalten des Kind auffällig sei, oftmals bestätigen. Falls Sie Bedenken haben wegen der Entwicklung Ihres Kindes (oder einem Kind, mit dem Sie arbeiten), zögern Sie nicht. Sprechen Sie mit einem Arzt (bzw. den Eltern), um Autismus abzuklären. Das ist das Beste, was Sie für das Kind tun können.
Je früher die Förderung beginnt, desto besser
Eine (frühe) Diagnose kann dabei helfen, eine Erklärung für die Entwicklungsunterschiede zu erhalten, ein Verständnis für die daraus entstehenden Bedürfnisse zu entwickeln und den Anspruch auf angemessene Unterstützung geltend zu machen.
Studien lassen darauf schließen, dass die frühe Förderung nach ABA/VB (angewandte Verhaltensanalyse und Verbal Behavior) für mindestens 2 Jahre im Kindergartenalter, herausragende Verbesserungen verschiedenster Fähigkeiten für viele Kinder auf dem autistischen Spektrum bringen kann.
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7265021/
- https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5639250/
- https://www.elemy.com/studio/aba-therapy/success-rates/
- https://fisherpub.sjfc.edu/cgi/viewcontent.cgi?article=1308&context=education_ETD_masters
Nach Abschluss der Diagnose kann eine entsprechende Unterstützung begonnen werden. ABA/VB-Programme können verschiedene Zielsetzungen verfolgen. Häufige Bereiche der Förderung sind Kommunikation, Selbstfürsorge, kognitive Fähigkeiten sowie Fähigkeiten der sozialen Interaktion.
Ursachen
Autismus ist ein körperlicher Zustand, verbunden mit einer Veränderung in der Biologie und Chemie des Gehirns. Die genauen Ursachen dieser Veränderungen sind noch unbekannt, aber die Forschung ist in diesem Bereich sehr aktiv. Vermutlich gibt es eine Kombination von Faktoren, die zu Autismus führen.
Genetische Veranlagung scheint bei Autismus wichtig zu sein. Zum Beispiel ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei eineiigen Zwillingen beide Kinder Autismus haben höher als bei zweieiigen Zwillingen oder anderen Geschwistern. Sprachprobleme kommen auch häufiger bei Verwandten von Kindern mit Autismus vor. Auch Veränderungen der Chromosomen und andere neurologische Probleme treten häufiger in Familien mit Autismus auf.
Eine ganze Anzahl von möglichen Ursachen für Autismus wird vermutet, ist aber nicht bewiesen. Genetische sowie neurophysiologische Ursachen gelten als wahrscheinlich. Wechselwirkungen zwischen Umweltfaktoren und Genen scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen.
Viele Quellen besagen, dass mit einer Autismusquote von 4:1 deutlich mehr männliche Personen betroffen seien. Diese Zahlen sollten vorsichtig beurteilt werden. Weibliche Personen mit Asperger-Syndrom beispielsweise werden seltener diagnostiziert. Mögliche Gründe hierfür können sein, dass die Diagnostik eher jungen- bzw. männerspezifisch geprägt ist. Andere Quellen vermuten, dass Mädchen/Frauen sich besser an ihr Umfeld anpassen und kompensieren können und dadurch weniger auffallen.
Familieneinkommen, Erziehung/ Ausbildung, Lebensstil, Rasse oder Religionszugehörigkeit scheinen keinen Einfluss auf die Entstehung von Autismus zu haben.
Studien zu Autismus
Informationen zum Thema Autismus und zum aktuellen Forschungsstand